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WOHNUNGSSCHAU IM PLATTENBAU –

Artikel von Martin Maleschka

Anfang 2021 bin ich nach 18 Jahren aus meiner Wahlheimat und Studienstadt Cottbus in meine Heimatstadt Eisenhüttenstadt zurückgekehrt. Verschiedene Gründe haben mich dazu motiviert. In Eisenhüttenstadt und Cottbus habe ich mit je einer Ausnahme ausschließlich in Platten gewohnt. So auch in meiner aktuellen knapp 50m2 Zweiraumwohnung in der elften Etage des Eisenhüttenstädter Blocks 501 vom Typ PH12G, Robert-Koch-Straße 36a im Wohnkomplex V. PH12G steht für Punkthochhaus mit 12 Geschossen. Auf jeder Etage finden sich zwei Einraumwohnungen, zwei Zweiraumwohnungen, eine Dreiraumwohnung und ein Treppenhaus, die um einen mittig liegenden Kern mit den Wohnungen zugehörigen Abstellboxen arrangiert sind. Der Hochhaustyp wurde 1978 von einem Kollektiv um Jochen Beige des VEB WGK (Wohnungs- und Gesellschaftsbaukombinat) Frankfurt (Oder) projektiert und fand u.a. 1981 seine Errichtung an einer Ausfallstraße. Der Typ basiert auf dem Prinzip der Wohnbauserie 70 (WBS 70) mit einem Grundraster von 6 x 6 Metern. Normalerweise ist die Treppenhausseite nach Norden orientiert, sodass die übrigen Gebäudeseiten sonnenseitig liegen. In Fall meines Wohnturms hat man sich dagegen entschieden und den Baukörper leicht rotiert, um zumindest einer/meiner Seite mit Balkonaussicht den Stahlwerkssilhouettenblick zu ermöglichen.

 

Durch die Balkonausrichtung meiner Wohnung nach Norden, ist garantiert, dass man im Hochsommer auf dem Balkon sitzend den Sonnenaufgang und Sonnenuntergang in einem äußerst intensiv-orangerötlichem Farbton genießen kann. Für mich als Fotograf und Künstler ist die Ausrichtung tagsüber mit indirekt einfallendem Licht optimal. Auf 50m2 verteilen sich Wohnzimmer, Schlafzimmer, Bad, Küche und zwei kleinere Flure. Zur Wohnung gehört außerdem eine Abstellkammer außerhalb der Wohnung auf dem Hausflur. Als ich die Wohnung im Februar 2021 leerstehend besichtigt hatte, fand ich im Wohn- und Schlafzimmer sowie in der Küche weiß tapezierte Wände vor. Das Bad war nach 1990 einmal modernisiert worden, d.h. Badewanne, Fliesen und jegliche Armaturen entstammen den 2000er Jahren. Der Boden war mit einem sogenannten Spannteppich mit darunterliegender Vliesschicht überzogen.

 

Konzeptionell hatte ich den Gedanken, dass ich meine Wohnung in A und B (-Räume) aufteile. Der A-Raum ist das Wohnzimmer. Der Ort, an dem ich mich die meiste Zeit aufhalte und auch arbeite. B-Räumen sind die übrigen. Dieses Konzept spiegelt sich dahingehend wider, dass ich im Wohnzimmer (A) die Wände und Decke habe weiß verputzen lassen und in Bad, Küche und Flur (B) die Tapete bzw. die Fliesen bis auf den puren Beton abkratzen ließ, sodass das authentische Material mit samt seinen unterschiedlich farbigen Beschriftungen, die im Plattenwerk Eisenhüttenstadt entstanden, zum Vorschein kamen. Eine Besonderheit fand ich vor, als ich Spannteppich und Vlies vom Boden entfernte. Vermutlich gab es 1981 zur Zeit der Bauausführung nicht die dafür ursprünglich vorgesehene Ausgleichsmasse und man entschied sich anstelle dessen für ein weiß-gelbliches gipsartiges Material um den Boden zu nivellieren. Bei der Wohnungsbesichtigung hatte ich ohnehin die Eingebung, dass ich im wahrsten Sinne des Wortes grundlegend mehr warme Farbflächen in der Wohnung benötigen würde, wenn ich schon die Wände und Decken der B-Räumlichkeiten in pur und kahl denke. Letztlich habe ich mich lediglich dafür entschieden, in der gesamten Wohnung – exklusive dem Bad – transparentes Kunstharz mit spiegelnder Oberfläche gießen zu lassen. Nach nunmehr fast zweijähriger Durchsetzung des Kunstharzes mit dem Gips hat der Boden nun wohl seine Endfarbigkeit mit verschieden gelbwarmen Sandtönen erreicht. Alles in allem eine glückliche Fügung. Das Bad habe ich mit großformatigen dunkelgrauen Fliesen am Boden und halbhoch an den Wänden auslegen lassen. Der Bereich des Installationsschachts ist teilweise freilegt worden, da ich das Rohrsystem im rückwärtigen Bereich selbst als eine Art Kunstinstallation und Bereicherung für das Bad sehe. Die gusseiserne Badewanne habe ich mir dankenswerterweise aus einem Abrissblock im Wohnkomplex VII sichern können. Freistehende Badewannen wirken m. E. vielmehr als Eingeflieste. Da ich viel unterwegs bin, habe ich mich dafür entschlossen in der Küche nur die notwenigsten Geräte und Utensilien einzubauen und die Restfläche besser als Arbeitsfläche nutze. So habe ich dort lediglich Waschmaschine, Kühlschrank, Spültisch und einen Tisch für meine Fotoarbeiten stehen.

 

Möbliert habe ich meine Wohnung mit der Möbelserie 427 von 1967 des VEB Deutschen Werkstätten Hellerau, die nach einem Entwurf des Architekten und Möbeldesigners Franz Ehrlich in Serie produziert wurden. Im Wohnzimmer habe ich mir zudem das bekannte DDR-Leitermöbelsystem “Babette” gekauft, dass man je nach Hängung der Elemente beliebig variieren kann. Mein weißer sogenannter Clubtisch nach einem Entwurf des Formgestalters Peter Ghyczy für die Produktion der Serie VARIO PUR (aus dem Werkstoff Polyurethan) im VEB Petrolchemischen Kombinat Schwedt/Oder ist ebenso ein bekanntes DDR-Möbel. Eine wohlig-weiche Dreiercouch mit dazugehörigen Sesseln und Hocker sind wie auch das Kuhfell farblich mit dem Rest der Einrichtung abgestimmt und nicht zuletzt auch im Winter von Vorteil. Beleuchtet habe ich meine Räume größtenteils mit LED-Leuchtstoffröhren, die ich direkt mit den herkömmlichen Tastschaltern verbunden habe. Meine Architektur- und Kunstbuchbibliothek habe ich aus Platzmangel in die Abstellkammer ausgelagert.

 

Martin Maleschka, März 2025

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