„Mein Plattenmoment“ – Martin Maleschka und die Kunst der Ost-Architektur
Am Tag der Baukultur 2025 öffneten wir unsere Türen in Hohenstücken und luden ein zu einem besonderen Erlebnis: In einer Loft-Wohnung in der Friedrich-Grasow-Straße 19–29 wurde die Fotoausstellung „Mein Plattenmoment“ des Künstlers Martin Maleschka gezeigt. Sie war nicht nur Höhepunkt des Tages, sondern auch ein starkes Plädoyer für die kulturelle Bedeutung der Plattenbauarchitektur.
Der Fotograf, der selbst aus Eisenhüttenstadt stammt, widmet sich seit vielen Jahren der dokumentarischen Erfassung von Kunst am Bau und Plattenbauarchitektur aus DDR-Zeiten. In Brandenburg an der Havel zeigte er eine Auswahl seiner eindrucksvollsten Werke: großformatige Fotografien von Gebäuden mit Reliefs, Mosaiken und Fassadenkunst – oft unscheinbar im Alltag, aber in seinen Bildern als stille Monumente der Alltagskultur inszeniert.
DDR-Plattenbau als Kulturerbe
Viele seiner gezeigten Motive stammten aus Städten wie Berlin, Rostock, Frankfurt an der Oder, Gera. Live empfiehlt er auch die Städte wie Jena, Halle, Greifswald, Cottbus oder in der Lausitz auf Plattenbauentdeckungstour zu gehen. Maleschka ließ die Besucher:innen auf eine Reise durch die ostdeutsche Architekturgeschichte gehen – von sanierungsbedürftigen Blocks bis zu liebevoll erhaltenen Ensembles. Besonders beeindruckte ein Beispiel aus Frankfurt (Oder): Ein Plattenbau, der ursprünglich abgerissen werden sollte, wurde stattdessen saniert und architektonisch rekonstruiert. Ein Zeichen dafür, dass die „Platte“ heute immer häufiger als kulturelles Erbe betrachtet wird – und nicht nur als Zweckbau vergangener Zeiten.
In einem Gespräch erzählte Maleschka auch von seinem künstlerischen Vorbild: Rudolf Sitte. Dieser DDR-Künstler arbeitete mit unterschiedlichen Materialien wie Beton, Keramik, Aluminium und experimentierte mit plastischen Formen. Sittes gestalterische Handschrift – etwa an und in Gebäuden in Dresden, Cottbus oder Berlin.
An einem Gebäude in Suhl oder den Cluster-Reliefs in Halberstadt – lebt in Maleschkas fotografischer Arbeit weiter. Seine Bilder dokumentieren nicht nur, sie interpretieren.
Zwischen Kunst, Alltag und Geschichte
Was Maleschkas Ausstellung so besonders machte: Sie verband kunstvolle Ästhetik mit Alltagsarchitektur. Für viele Besucherinnen und Besucher weckten seine Fotografien Erinnerungen – an Kindheit, an Umzüge, an ein Lebensgefühl. Für andere war es eine neue Perspektive auf eine Bauform, die lange unterschätzt wurde.
Mit seiner Ausstellung zeigte Maleschka: Plattenbauten erzählen Geschichten. Von sozialem Wohnungsbau, von künstlerischem Anspruch trotz Mangelwirtschaft, von Gestaltungswillen in Beton. Und sie erzählen auch von heute – wo vielerorts das architektonische Erbe neu entdeckt und bewahrt wird.
WBG: Sanierung mit Haltung
Passend zur Ausstellung stellte die WBG ihr aktuelles Sanierungsprojekt im selben Haus vor. Die typischen DDR-Platten werden saniert, mit neuen Balkonbrüstungen, Steigeleitungen und teilweise sogar mit Loft-Wohnungen umgebaut. Dabei blieb der architektonische Charakter bewusst erhalten – ein Mix aus Alt und Neu, aus Geschichte und Gegenwart.
Auch im benachbarten „Quartier der Mitte“ in Hohenstücken entstanden moderne Wohnungen mit durchdachten Grundrissen, energetischen Sanierung, Aufzügen, neuer Technik und dennoch günstigen Mieten – möglich durch die Wohnraumförderung des Landes Brandenburg.
Eine Durchmischung ist in Hohenstücken zu finden: einige Gebäude wurden bewusst im Originalstil belassen, aber mit moderner Infrastruktur ausgestattet. So lebt die Platte weiter – modernisiert, aber mit Respekt vor ihrer Geschichte.
Weitere Aktionen am Tag der Baukultur
Neben der Ausstellung von Martin Maleschka fanden in ganz Brandenburg an der Havel weitere Aktionen zum Tag der Baukultur statt. Darunter ein Klimaspaziergang durch die Innenstadt unter dem Motto „Stadtgrün & Beton“, ein interaktives Beteiligungsspiel „StadtSpielRaum“, bei dem Bürger selbst Stadtplanung ausprobieren konnten, sowie geführte Spaziergänge durch die Baugeschichte des Stadtteils Nord – von der Gartenstadt bis zur Platte.
Auch die Fouqué-Bibliothek war dabei und lud mit einem Baukultur-Bücherregal zum Stöbern und Nachdenken ein.
Fazit: Die Platte lebt – auch in der Kunst
Der Tag der Baukultur 2025 zeigte eindrucksvoll, wie viel Potenzial, Geschichte und Zukunft in der Plattenbauarchitektur steckt. Martin Maleschkas Ausstellung brachte das Thema auf den Punkt: Architektur ist nicht nur Funktion – sie ist auch Ausdruck, Erinnerung, Haltung. Und die Platte? Sie ist längst mehr als nur Beton.